Meine Damen und Herren,

 

ich bin Barbara Krasemann, seit drei Jahren Witwe von Karl Krasemann, einem zivilen Radarmechaniker der F 104, dem Starfighter.

Ich weiß, was es heißt, wenn der Mann wieder ins Krankenhaus muss. Wieder eine Operation, wieder ein Hoffen und Bangen, ein Beten um etwas Lebenszeit, Zeit, die jetzt eine andere Bedeutung hat.

Ich wünsche Manfred Hirtz und seiner Frau ganz viel Kraft und Zeit.

Diese Kraft wünsche ich auch Frau Pütz, allen kranken Kollegen und deren Angehörigen, die heute hier versammelt sind.

Ich verlese nun die Rede von unserem Manfred Hirtz :

 

 

Liebe Trauergäste, Kameraden, meine Damen und Herren,

 

wir haben uns hier versammelt, um hier und heute dem verstorbenen Kameraden, Josef Pütz, sowie der bis jetzt bereits  225 verstorbenen  Kameraden zu gedenken.

Josef Pütz und seine Kameraden sind verstorben, weil sie krank wurden. Das ist soweit normal. Nicht normal ist, wie sie erkrankten. Ihre Krankheiten wurden ausgelöst durch weit zurückliegende Vorgänge.

Unsere Kameraden waren genau wie alle anderen  Betroffenen, Radarsoldaten und zivile Radarmechaniker in den 60,70 und 80er Jahren bei der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee. Sie taten Dienst an verschiedensten Radargeräten.

         Was wir alle nicht wussten, war die Gefährlichkeit dieser Geräte.

Diese Radargeräte sendeten Strahlungen aus, in einer Stärke und Intensität, die Menschen krank machten.

Leider sind die Wirkungen dieser Strahlungen nicht sofort ersichtlich.

 

Strahlung kann man nicht riechen, schmecken, nicht sehen fühlen oder hören. Sie ist mit den menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbar.

 

Diese Strahlungen der Radargeräte wirkten, wie ein langsam schleichendes Gift.

Zuerst spürt man gar nichts und die Wirkung wird teilweise erst nach vielen Jahren wahrgenommen

         Doch dann ist es zu spät

Gewiss wird man nun sagen können, dass solche Gefährdungspotentiale zwar sehr schlimm sind, aber leider kommt so was immer wieder vor.

Das Perfide ist aber hier, dass die damals Verantwortlichen Vorgesetzten und sicherlich auch damalige Politiker von dieser Gefährlichkeit der Radarstrahlung wussten.

Aber es wurden keine Hinweise, Anweisungen oder Vorschriften ausgegeben, um die Soldaten vor den Strahlungen zu schützen.

Man nahm bewusst die gesundheitliche Gefährdung des Radarpersonals in Kauf.

Vorrang hat der militärische Auftrag.

 

Was mag in so einem Verantwortlichen damals vorgegangen sein? Was hat er gedacht?

 

Frei nach dem Motto : Nach mir die Sintflut ,,,wurden die Tatsachen verschwiegen.

Was sollte schon passieren? Wenn irgendjemand irgendwann mal krank wird, ist man ja schon längst nicht mehr in der Verantwortung.  Also, warum die Karriere gefährden und Alarm schlagen?

Die anderen Verantwortlichen machen es ja genauso.

 

Nun sind nach vielen Jahren bereits Hunderte von Soldaten und zivilen Radarmechanikern durch die Strahlung von damals erkrankt oder an ihrer Erkrankung verstorben. Sie und ihre Angehörigen fordern von der Bundeswehr, als Dienstherrn von damals und als Nachfolger der Nationalen Volksarmee und von den Berufsgenossenschaften der zivilen Mechaniker, eine Entschädigung für den erlittenen gesundheitlichen Schaden mit all seinen Auswirkungen.

 

 

 

 

Das allerdings wird von den Berufsgenossenschaften, sowie von Seiten der Bundeswehr in den meisten Fällen abgewehrt und Anerkennungen werden nur mühsam und unter Druck, in wenigen Fällen erteilt.

 

Hier stiehlt sich der Staat als Dienstherr aus seiner Verantwortung.

 

Sicherlich kann man sich auf geltende Rechtsvorschriften berufen und tut dies auch recht erfolgreich.

Aber gelten für den Staat als Dienstherrn andere Gesetze als für einen Dienstherrn in der freien Wirtschaft?

 

In der freien Wirtschaft werden Dienstherren  als Verursacher für Gesundheitsschäden bei ihren Arbeitnehmern durch das Gesetz verantwortlich gemacht.

 

Warum gilt das nicht im gleichen Maße auch für den Staat?

 

Warum führen die Verantwortlichen nicht ein Entschädigungsgesetz ein, das genau das regelt und nicht der ministeriellen Bürokratie das Feld überlässt?

 

Warum müssen Menschen, die ihre Gesundheit und ihr Leben für die Allgemeinheit eingesetzt haben, sich mühselig mit ihren Krankheiten plagen und mit minimalem Lebensunterhalt auskommen?

 

Blenden wir noch einmal zurück in die Zeit, als die Radarsoldaten ihren Diensteid ableisteten.

 

Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen

 

Mit diesen Worten wurden sie Soldaten

 

Der Bundeskanzler und seine Minister haben bei ihrem Dienstantritt den Amtseid nach Artikel 56 des Grundgesetzes abgelegt, er lautet:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe“

 

Die Radarsoldaten haben ihren Eid erfüllt !!

 

Als Manfred Hirtz vor einigen Tagen bei den Vorbereitungen für diesen Tag mit einem Berliner Kameraden sprach, sagte der ihm : „Eine Trauerfeier als Demo mit einem Sarg bringt doch nichts. Das haben wir hier jede Woche. Da wird immer Etwas zu Grabe getragen“

 

Aber meine Damen und Herren, wir haben hier keine Demo.  Und wir tragen auch nichts zu Grabe.

 

Wir trauern!! Wir trauern um unseren Kameraden Josef Pütz. Wir trauern um alle Kameraden, die viel zu früh von uns gegangen sind.

Wir trauern um Menschen, um unsere Kameraden, Männer, Väter und Söhne  .

 

 

Wir wollen durch unsere Anwesenheit an diesem Ort den Politikern sagen:

Schafft endlich klare Verhältnisse

Übt Gerechtigkeit aus, gegenüber jedermann,

so, wie Ihr es geschworen habt mit Eurem Eid.

Übernehmt die Verantwortung und überlasst sie nicht den bürokratischen Erbsenzählern.

Gebt unseren Verstorbenen ihren Frieden, in dem ihr für ihre Hinterbliebenen sorgt.

Bringt wenigstens ein wenig Erleichterung in das schwere Los der kranken Radargeschädigten.

 

Handelt wie Menschen!!

 

Soweit der Appell eines Kameraden

 

Herr Hirtz schreibt – sorgt für ihre Hinterbliebenen –

 

Meine Damen und Herren,

es handelt sich hier um Witwen, aber auch ihre Kinder. Kinder, die ihre Väter verloren haben, Kinder, die permanent krank sind. Kinder, deren Erbmaterial so stark geschädigt ist, dass sie zum Teil schwerste, körperliche Behinderungen davongetragen haben.

 

Glauben sie wirklich, da gibt es keinen Zusammenhang zu den Radarstrahlen???

 

Da hat im vergangenen Jahr eine 11-köpfige Expertenkommission im Auftrag der Regierung ein gut 270-seitiges Pamphlet herausgegeben. Dieses soll helfen, die Geschädigten richtig einzustufen.

 

Die Berufsgenossenschaften haben aber keine Kopie davon erhalten,,, oder???

 

Meine Damen und Herren, was haben wir von Empfehlungen, die nicht gelesen werden, was haben wir von Versprechungen

a` la Scharping, die nie gehalten werden ... wir brauchen ein hieb- und stichfestes Gesetz, bevor alle gestorben sind !!!